Die Ziele des Huskyprojektes

Auf SchlittentourDas Projekt "Hundeschlitten-Tour als Rehabilitation nach Tumorerkrankung" verbindet drei bekannte Prinzipien der Reha. Das ist zum einen die tiergestützte Therapie, wie die mit Delfinen. Erfahrungen über den Einsatz von Huskys in Zusammenhang mit Schlittentouren liegen noch nicht vor, ebenso wenig wie beim zweiten Prinzip, dem Erleben in der Gruppe. Tiergeschützte Therapien beziehen sich bisher ausschließlich auf die Arbeit mit Einzelpersonen und einzelnen Tieren. Für die Jugendlichen, die eine Krebserkrankung überstanden haben, ist aber die Wiedereingliederung in eine "normale" alltägliche Umgebung extrem wichtig. Erst nach gelungener Reintegration ist auch ein soziales Weiterleben möglich. Nach dem Überleben der Erkrankung hat sich die Krise fest bei den Betroffenen, auch den Eltern, eingebrannt. Sie müssen erst lernen, die Angst abzuschütteln und ein normales Leben aufzunehmen. Schließlich gehört auch das Naturerleben seit Jahren zur Rehabilitation nach schweren Erkrankungen. Die klare und sonnige Winteratmosphäre wird als besonders körperlich aktivierend angesehen.

Das Konzept

Rehabilitation onkologisch erkrankter Kinder / Jugendlicher:
Hundeschlitten - touren in Schweden

 

Projektidee:

Tiergestützte Therapie und Naturerleben in der Gruppe.
Ziel ist der Aufbau neuer Lebensenergie und des Gefühls von Selbstwirksamkeit sowie die Wiederherstellung des durch die medizinischen Eingriffe beschädigten Körperbildes.

 

Theoretischer Hintergrund:

Kinder/Jugendliche mit Leukämien oder Organtumoren erleben durch die diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen, die im Rahmen ihrer Krankheit erforderlich sind, immer wieder schwere körperliche "Verletzungen" (Punktionen, Injektionen, Operationen usw.). Zusammen mit dem primären Krankheitsgefühl und den durch die Chemotherapie bedingten Nebenwirkungen wird das Gefühl für den eigenen Körper massiv gestört und beeinträchtigt. Die Kinder/Jugendlichen erleben sich und ihren Körper als krank, schwach, defizitär und "untauglich". Das Vertrauen in sich und in die Vitalität ihres Körpers ist zerstört.
Die Familien, die durch die Krankheit ebenso zutiefst verunsichert sind, verfügen meistens nicht über die Ressourcen, die dem Kind/Jugendlichen helfen, um wieder Freude am und Energie zum Leben gewinnen können.
Allzu leicht entstehen so Fehlentwicklungen, die der Rückkehr des Kindes/ Jugendlichen in den „normalen“ psychosozialen Alltag schwer überwindbare Hindernisse in den Wege stellen.
Das o.g. Projekt soll Kindern/Jugendlichen nach Abschluss der Initialtherapie die Möglichkeit eröffnen, sich und ihren Körper als wieder belastbar, kompetent und "lebenstauglich" zu erleben. Das Projekt verbindet drei Prinzipien, die sich bisher in der Rehabilitation schon seit langem als wirksam erwiesen haben:

Tiergestützte Therapie
Der therapeutische Wert des Umgangs mit Tieren ist längst erwiesen. Seit Jahren ist die Hippotherapie in der Bewegungstherapie etabliert, große Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit findet die Therapie mit Delphinen und zahlreiche Publikationen liegen zum Einsatz von Hunden in der Geriatrie und bei behinderten Menschen vor. Der Einsatz von Schlittenhunden (Huskies als das Symbol der sich für den Dienst am Menschen einsetzenden, widerstandsfähigen, kraftstrotzenden Muskelpakete) erscheint uns gerade für Kinder und Jugendliche, die nach überstandener Lebenskrise darum kämpfen, Lebensfreude und Lebensenergie wieder zu finden, besonders faszinierend.
Bisherige Erfahrungen liegen dazu noch nicht vor.

Naturerleben
Die Erfolge erlebnispädagogischer Aktivitäten in der "freien Natur" sind ebenfalls seit Jahren unbestritten (vergleiche auch die "Waldpiraten" der Kinderkrebsstiftung). Klare und sonnige Winteratmosphäre, wie sie im März in Norwegen zu erwarten ist, wird als besonders körperlich aktivierend angesehen.

 

Erleben in der Gruppe
Die bisherigen Berichte von tiergestützter Therapie beziehen sich ausschließlich auf die Arbeit mit Einzelpersonen und einzelnen Tieren. Für Kinder/Jugendliche nach überstandener Krebserkrankung ist die Wiedereingliederung in die früher "normale" alltägliche Umgebung die Kernfrage überhaupt. Erst nach gelungener Reintegration ist nicht nur das medizinische Überleben, sondern auch das soziale Weiterleben möglich. Insofern erscheint uns die Arbeit mit einer Gruppe von Betroffenen und einem Rudel von Hunden besonders erfolgversprechend.


Psychosoziale Situation
Im Rahmen einer Krebserkrankung sind Kind und Eltern (Familie) einer „Medizinmaschinerie“ ausgeliefert, auf die sie hoffen und auf die sie angewiesen sind, die häufig lebensrettend ist, die aber immer auch zusätzlich Gefühle von Ausgeliefertsein und Ohnmacht auslöst.
Das Kind spürt plötzlich, dass sein Leben nicht sicher ist, da ein ungestörtes Funktionieren seines Körpers nicht mehr selbstverständlich ist. In dieser Situation greift ein Kind auf den vielversprechendsten Halt zurück, den es kennt: die Eltern.
Dabei geraten auch die Eltern eines an Krebs erkrankten Kindes durch die Eröffnung der Diagnose jedoch oft selber in eine Krise, die häufig in eine akute Belastungsreaktion mündet. Das heißt, sie leiden unter Anspannung und innerer Unruhe, körperliche Schmerzen stellen sich ein, Schlafprobleme und Angstzustände begleiten sie. Die Eltern bemühen sich, dem Kind jede nur erdenkliche Unterstützung und Halt zu geben. Für das Kind ist dieses Gefühl das Wichtigste überhaupt, gleichzeitig spürt es, dass seine Eltern zeitweise von dem Geschehen so überflutet sind, dass sie nicht mehr ein ausreichendes „Bollwerk“ gegen die kindlichen Gefühle von (Todes-)Angst, Ohnmacht und Ausgeliefertsein sind.

Als zweites nutzen die Kinder je nach Alter die Möglichkeit, auf „inneren Halt“ zurückzugreifen: Das ist das im bisherigen Leben erworbene Wissen um die eigene seelische und körperliche Stärke. (Vormals gemeisterte Schwierigkeiten und Gefahren haben ein Gefühl von Kompetenz und Vertrauen in sich selbst aufgebaut.). Älteren Kindern und Jugendlichen hilft zudem die evtl. vorhandene Religiosität sowie starke Werte und Ziele, die auf die Zukunft ausgerichtet sind.
Nach dem Überleben der Erkrankung finden sich die Kinder und ihre Familien in einer Situation, in der sich die Krise sozusagen in „Herz und Hirn“ eingebrannt hat. Nur ganz allmählich gelingt es den Betroffenen, eine innere Ruhe wieder zu finden und den „Dauergast Angst“ abzuschütteln. Die Funktionsweise des Gehirns braucht lange Zeit, um aus dem Alarmzustand herauszukommen und wieder so gelassen zu reagieren, wie es "früher" (d.h. vor der Erkrankung) einmal war.
Das Erleben einer ursprünglichen Natur und das Führen und Versorgen der Schlittenhunde in der Gruppe ermöglicht den Kindern in einer unbelasteten Umgebung, sich alter Kompetenzen wieder zu versichern und neue aufzubauen. Die Kinder lernen, für sich, die Gruppe und die Tiere Verantwortung zu übernehmen. Die Hunde sind ihnen Vorbild an Kraft und Ausdauer. Indem sie sich in der lebendigen, klaren Struktur einer Gruppe mit gemeinsamem Ziel befinden, lernen sie, ihre innere seelische Struktur wieder zu spüren und zu stärken.
Viele Kinder sind nach überstandener Erkrankung jedoch seelisch so beeinträchtigt, dass sie als „Mittler“ einen Therapeuten an ihrer Seite benötigen. Er weiß um ihre persönliche Traumageschichte, kennt die Stresssituation der Familie und kann die seelische Belastbarkeit einschätzen. Er wirkt in den Momenten stabilisierend, wo die Möglichkeiten des Kindes erschöpft sind. Diese unaufdringliche aber sichere Begleitung durch einen Therapeuten ist Voraussetzung für eine Beseitung der Störung auf neuro-psychischer Ebene bei diesen Kindern.


Organisation und Durchführung:

1. Gruppenzusammensetzung: Eine Teilnehmerzahl von 4-6 erscheint optimal, eine größere Gruppe erscheint aus gruppendynamischen Gründen nicht sinnvoll. In Einzelprojekten ist es auch geplant mit 2 – 3 Jugendlichen unterwegs zu sein.

2. Alter der Teilnehmer: Das Projekt verfolgt das Ziel der Selbstwertfindung, insofern sollten die Eltern zwar in der Vor- und Nachbereitungsarbeit intensiv mit einbezogen sein, das „Abenteuer“ an sich sollten die Kinder/Jugendlichen jedoch alleine wagen. Insofern erscheint eine Altersbegrenzung auf 13-17 J. sinnvoll (eine Erweiterung nach oben ist möglich, sollte jedoch im Sinne einer Homogenität der Gruppe nicht zu weit gefasst werden).

3. Gruppenbildung und Solidarisierung: In ein- bis mehrfachen Treffen sollten die Teilnehmer (einschließlich der betroffenen Familien) miteinander bekannt gemacht werden. Insbesondere ist die Kompatibilität innerhalb der Gruppe zu überprüfen.

4. Da die Hunde als „therapeutisches Instrument“ eingesetzt werden, müssen sich die Kinder/Jugendlichen mit den Tieren vertraut machen. Dies wird durch Besuch der Kinder am Aufenthaltsort der Hunde (Bauernhof in der Nähe von Greven) stattfinden. Durch den Umgang mit den Tieren wird eine erste Beziehung hergestellt – Wiederholung je nach Bedarf.

5. „Erproben des Abenteuers“ (Wochenende in Greven): Einige Wochen vor der eigentlichen Tour sollten die Kinder/Jugendlichen eine „Probeübernachtung“ unter „Echtbedingungen“ im „Lavvu“ (= heizbares Zelt der Samen) bei winterlichen Temperaturen erleben dürfen, um sich auf die besonderen Bedingungen des Lebens in der winterlichen Natur einstellen zu können.

6. Termin der Schwedenfahrt: Februar und März, da dann die Wetter- und Schneebedingungen am günstigsten sind. Fahrt mit der Fähre Kiel – Oslo (Abfahrt donnerstags), mit dem Bus zum Wildniscamp. Der Ablauf der Woche vor Ort sollte erst kurzfristig geplant werden und je nach Wünschen und körperlichen Möglichkeiten der Gruppe (und auch Wetter) unbedingt variabel gestaltet werden können. Rückkehr mit Fähre Oslo – Kiel Sonntags.

7. Nachbereitungswochenende nach einigen Wochen auf dem Bauernhof in Greven.

Verantwortliche Leitung des Projektes:

  • Jochen Mendel: Schlittenhundebesitzer und -trainer, erfahrener und ortskundiger „Musher“
  • Birga Brökert: Betreuerin sowohl bei den Vortreffen, als auch in Norwegen und Schweden. Erfahrung in der Interaktion zwischen Hund und Mensch, insbesondere mit Kindern und Jugendlichen
  • Weitere Betreuer stehen zur Verfügung